Langsam kehrt in allen Lebensbereichen wieder Normalität ein. Für Treffen daheim werden keine Beschränkungen oder Höchstzahlen mehr vorgeschrieben; man soll sich aber auch dort an den Mindestabstand halten. Im öffentlichen Raum dürfen sich nun auch Gruppen von bis zu zehn Menschen treffen, unabhängig davon, ob sie verwandt sind oder mit wem sie zusammenleben. Das bedeutet auch für viele Patienten, die mit psychischen Erkrankungen oder seelischen Belastungen zu kämpfen haben, eine echte Erleichterung. Aber auch an nicht vorbelasteten Menschen ist diese Zeit der Isolation nicht spurlos vorbei gegangen.
Was ist nach Corona?
Für Betroffene mit seelischen oder psychischen Erkrankungen war die Corona-Pandemie mit ihren Beschränkungen durchaus eine Zusatzbelastung. Soziale Kontakte und Unterstützungsangebote waren oftmals nur eingeschränkt verfügbar, erklärt Diplom-Psychologin Sandra Hindelang, Leiterin der Beratungsstelle für seelische Gesund-heit für den Landkreis Dingolfing-Landau. Zudem mussten viele mit dem Verlust des Arbeitsplatzes oder finanziellen Einbußen rechnen. Selbst für vormals stabile Menschen war die Situation eine extreme Herausforderung. Gewohnte Tagesstrukturen gehen verloren und in Familien und Partnerschaft kochen Konflikte hoch. "Diese zusätzlichen Stressfaktoren können bei psychischer Erkrankung wieder Krankheitsphasen auslösen und sollten daher eigentlich vermieden werden", erklärt Hindelang. Sie geht davon aus, dass die Ein-schränkungen für viele Menschen - auch ohne Vorbelastung - durchaus gravierende Folgen für ihre wirtschaftliche und berufliche Existenz haben wird. In dieser Hinsicht kann es durchaus Spätfolgen, zum Beispiel in Form von Depressionen, geben - auch bei bisher unbelasteten Personen. Sie hält auch Spätfolgen für die Gesellschaft und das zwischenmenschliche Zusammenleben für möglich. "Für uns alle wird es zur neuen Normalität, Abstand zu anderen Menschen zu halten und man spürt die Auswirkungen schon nach wenigen Monaten", erklärt sie. Die derzeitige Diskussion im öffentlichen Raum über die tatsächliche Infektionsgefahr, bietet großes Konfliktpotenzial und gesellschaftlichen Sprengstoff. Viele Klienten haben die Zeit während des Lockdowns gut überstanden. "Teilweise wurde es auch als Erleichterung empfunden", so die Psychologin, viele haben die Entschleunigung genossen, weil sie für ein paar Wochen nicht mit dem schnellen Rhythmus der Gesellschaft mithalten mussten - keine Verabredungen und Unternehmungen und das Gefühl, man müsse aktiv sein. Plötzlich war der reduzierte Modus "normal" und es plagte einen kein schlechtes Gewissen. Auf der anderen Seite sind da die Menschen, die während dieser Zeit zusätzlich zu ihren gesundheitlichen Problemen, verstärkt unter Ängsten gelitten haben und vermehrt auf die Beratung angewiesen waren. Eltern mit psychischen Erkrankungen hat es besonders hart getroffen. Zum einen ist die Entlastung durch Kindergarten und Schule weggefallen. Gleichzeitig kam die Aufgabe des Homeschoolings hinzu. Bei schwierigen Familienkonstellationen kam es durchaus vor, dass sich Konflikte deutlich verschärft haben.
Mit Struktur durch den Tag
Eine große Stütze war für viele Klienten der regelmäßige Kontakt über Telefon oder Videoanrufe. Diese zeigten, dass man auch in Krisenzeiten nicht alleine ist und auf die Unterstützung von Freunden und Familie zählen kann. "Im Netz gibt es auch recht kreative Ideen, um miteinander in Kontakt zu bleiben", sagt die Diplom-Psychologin und verwies auf gemeinsame Online-Spiele. Zudem war die Beratungsstelle telefonisch für die Betroffenen, Angehörige und Fieunde erreichbar, die Hilfe benötigten. Den Klienten kann es helfen, auch in Ausnahmesituationen eine möglichst geregelte Tagesstruktur einzuführen - soweit das möglich ist. Bewegung an der frischen Luft in Form von Spaziergängen oder einer Laufrunde sowie gute und regelmäßig Ernährung haben bei vielen Klienten für einen Ausgleich gesorgt. Manche haben die Zeit genutzt, um sich wieder mehr um sich selbst zu kümmern. Beispielsweise eine gute Tasse vom Lieblingstee genießen, Handarbeiten, Handwerken oder eine Folge der Lieblingsserie schauen. "Alles was einer Person gut tut und für eine Form von Wohlbefinden sorgt, soll in den Alltag eingebaut werden", sagt Hindelang. Vor allem Klienten, die berufstätig sind und durch ihre tägliche Arbeit bereits an ihre Belastungsgrenzen gestoßen sind, war diese "Auszeit" eine willkommene Gelegenheit, um sich wieder intensiver um sich selbst zu kümmern, und Kontakt zu Menschen aufzunehmen, von denen man lange nichts gehört hat. Zudem solle natürlich darauf geachtet werden, dass verschriebene Medikamente weiter eingenommen werden und etwaige Veränderungen des seelischen Befindens, dem Arzt oder Therapeuten mitgeteilt wer-den.
Kontakt zur Beratungsstelle
Unter strengen Hygieneregeln werden wieder persönliche Erstkontakte durchgeführt und Schritt für Schritt auf die bestehenden Beratungskontakte erweitert. Die persönliche Beratung wird individuell mit den Klienten vereinbart. Betroffene, Angehörige und Interessierte können sich Montag bis Donnerstag von 8.30 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 16.30 Uhr sowie Freitag von 8.30 bis 12 Uhr zur Terminvereinbarung an die Beratungsstelle unter 09951/ 985115 oder per Mail spdi@caritas-landau.de wenden.